Die Erfindung der Dampfmaschine durch den Engländer James Watt im Jahre 1765 und ihre stürmische Weiterentwicklung legte den Grundstein für eine technische Revolution, die zunächst im Bergbau Eingang fand und über andere Produktionsbereiche schließlich auch das Verkehrswesen erfasste, wobei sich die Schiffahrt noch vor der Eisenbahn dieser bahnbrechenden Erfindung bediente. Dies lag offenbar vor allem daran, dass der Verkehr auf dem Wasser bereits ein naturgegebenes System geeigneter Flussläufe vorgefunden hat, das zwar streckenweise noch gewisser Regulierungen bedurfte – auf der Donau beispielsweise konnten die letzten Schiffahrtshindernisse erst durch die Errichtung von Staustufen wie der Kraftwerkskette am österreichischen Stromabschnitt bzw. dem Eisernen Tor-Kraftwerk bei Turn-Severin in den letzten Jahrzehnten erfolgreich beseitigt werden -, während die Eisenbahnen ihr Streckennetz mehr oder weniger mühsam selbst errichten mussten.
So hat der Amerikaner Robert Fulton schon 1803 in Frankreich den ersten Versuch unternommen, mit Hilfe einer Dampfmaschine ein Wasserfahrzeug fortzubewegen, konnte aber erst 1807 mit seinem Dampfschiff CLERMONT auf dem Hudson den erhofften Erfolg erzielen. Der Rhein wurde bereits 1816 mit einem englischen Dampfschiff befahren.
Auch der österreichische Hof hat die Zeichen der Zeit erkannt und schon 1813 in einem Dekret – allerdings vorerst ohne ersichtlichen Erfolg – demjenigen ein ausschließliches Privilegium zugesichert, der in der Lage sei, Frachten stromaufwärts ohne Verwendung von Zugtieren zu befördern. Ende 1817 erließen die österreichischen Behörden daher ein weiteres Hofdekret, in dem sie die Dampfschiffahrt endgültig favorisierten. Kurz darnach legte der aus Fünfkirchen, dem heutigen Pecs, stammende Anton Bernhart den Plan eines mit einer Dampfmaschine betriebenen Schiffes vor, den er auch sehr bald umsetzte. Schon im Sommer 1818 unternahm er mit diesem ersten Dampfschiff auf der Donau namens CAROLINA diverse mehr oder weniger erfolgreiche Probefahrten in der Umgebung von Wien. Nach weiteren Versuchen mit einem etwas leistungsfähigeren Schiff, der DUNA, welches der Franzose Girard konstruiert hatte, wurde bereits Ende 1818 den Herren Leon und Girard ein auf 15 Jahre befristetes Privileg für die Dampfschiffahrt auf der Donau erteilt. Von dieser Gesellschaft lässt sich zum Teil eine direkte organisatorische und personelle Verbindung zu der 1823 gegründeten ersten Donaudampfschiffahrtsgesellschaft herstellen. Diese Gesellschaft ließ zwei Schiffe, FRANZ I und ERZHERZOG JOHANN, bauen. Ihr selbst war aber nur ein verhältnismäßig kurzes Dasein beschieden. Ihr Privileg erlosch nach nicht einmal dreijähriger Dauer wegen Nichtausübung.
Die ersten Eisenbahnlinien wurden 1825 zwischen Stockton und Darlington, 1830 zwischen Liverpool und Manchester und 1835 zwischen Nürnberg und Fürth in Betrieb genommen. Als schließlich 1837 auch die erste Eisenbahnlinie zwischen Floridsdorf und Deutsch-Wagram auf einer Länge von 13 km eröffnet worden ist, befuhr das bereits zehnte Schiff der acht Jahre zuvor gegründeten „Ersten k.k. privilegierten Donau-Dampfschiffahrts-Gesellschaft“, die MARIA ANNA, erstmals die Strecke zwischen Wien und Linz, womit das bislang rund 2000 km lange Streckennetz dieser Gesellschaft um weitere 200 km erweitert wurde.
Zwei Engländern, John Andrews und Joseph Prichard, war es nämlich im Jahre 1829 durch die Gründung der „Ersten k.k.privilegierten Donau-Dampfschiffahrts-Gesellschaft“ gelungen, mit dem in Floridsdorf erbauten zweiten Dampfer, der den Namen FRANZ I führte, den Vorstellungen der Regierung zu entsprechen und bereits 1830 den Schiffsverkehr zwischen Wien und Budapest aufzunehmen. Spätestens ab diesem Zeitpunkt ist die Geschichte der Donauschiffahrt für fast ein Jahrhundert hindurch weitestgehend mit der Geschichte der DDSG identisch.
Unter den ersten Aktionären der jungen Gesellschaft finden sich nicht nur Mitglieder des Kaiserhauses und des österreichischen Geldadels, auch in Ungarn wird die Wichtigkeit dieser neuen Verkehrsverbindung erkannt und insbesonders Graf Stefan Szechenyi (1791 – 1860) nahm trotz anfänglicher Skepsis wesentlichen Einfluß auf die erfolgreiche Weiterentwicklung des jungen Unternehmens, indem er schon sehr bald nach der Verkehrsaufnahme zwischen Wien und Budapest die Bedeutung der Donau als Wasserweg quer durch Europa und die damit verbundenen wirtschaftlichen Chancen für die Monarchie vorhergesehen hat.
Er war es, der die untere Donau mehrmals bereiste und sowohl staatliche Stellen als auch die Administration der DDSG von der Notwendigkeit der Regulierung der größten Schiffahrtshindernisse, nämlich der Kataraktenstrecke und des Eisernen Tores, zu überzeugen versuchte. Er besuchte auch mehrmals England und kümmerte sich um den Bau der von der DDSG dort bestellten Schiffe bzw. Schiffsmaschinen. Auch die weitere Entwicklung der Gesellschaft wurde vor allem durch den Weitblick und die Tatkraft von Graf Szechenyi gefördert. Ihm ist es zu danken, dass der Schiffspark zielstrebig vergrößert und bereits 1834 beschlossen wurde, einen Dampfer auf der Donau unterhalb des Eisernen Tores einzusetzen.
1835 übernahm die Gesellschaft die bis dahin von Andrews und Prichard betriebene Flotte in eigene Betreuung, womit sich u.a. auch die Notwendigkeit ergab, für einen geeigneten Schutzhafen für die Überwinterung der Schiffe sowie einen Stützpunkt für Reparaturarbeiten im Bereich von Budapest Vorsorge zu treffen. Wieder war es Graf Szechenyi, der einen hiefür bestens geeigneten Standort, nämlich eine am rechten Ufer oberhalb von der Stadt befindliche Insel bei Obuda (Altofen), ausfindig machte und sich bei den zuständigen Stellen vehement und letztendlich auch erfolgreich für Realisierung dieses Vorhabens einsetzte. Bereits 1837 lief das erste in dieser Werft erbaute Schiff, die ARPAD, von Stapel und vergrößerte die Flotte der Gesellschaft auf acht Einheiten.
Sehr bald nach ihrer Gründung dehnte die DDSG ihren ständig zunehmenden Schiffsverkehr auch auf Bereiche außerhalb des Donauraumes aus und verfügte schließlich im Jahre 1838 neben ihrer Donauflotte bereits über sieben Seeschiffe, die sie allerdings im Jahre 1845 auf Betreiben des österreichischen Kaiserhauses an den 1837 gegründeten Österreichischen Lloyd in Triest abgeben mußte.
Der gewaltige Anstieg des Donauverkehrs und die schwierige wie auch sehr kostenaufwendige Aufbringung der erforderlichen Betriebsmittel für den immer größer werdenden Schiffspark – die DDSG verfügte 1852 immerhin bereits über 71 Dampfschiffe mit einem Kohleverbrauch von mehr als 100.000.Tonnen jährlich – bewirkte, dass sich die Geschäftsleitung der DDSG zum ehestmöglichen Ankauf eigener Kohlegruben entschloß. Sie erwarb daher im gleichen Jahr im Gebiet von Fünfkirchen (heute Pecs) entsprechende Schürfrechte und errichtete in der Folge auch eine eigene Eisenbahnlinie nach Mohacs, um die gewonnene Kohle auf schnellstem Wege an die Donau zu bringen. Für die dort beschäftigten Mitarbeiter wurden für damalige Verhältnisse vorbildliche soziale Einrichtungen geschaffen. Neben der Errichtung einer Arbeitersiedlung, welche eigene Schulen, Spitäler, Kaufhäuser, Kindergärten, eine Kirche samt Friedhof sowie Sportanlagen umfasste, kam es auch zur Gründung einer Pensionseinrichtung – der Bruderlade.
Um 1860 hat sich das Streckennetz der DDSG auf die gesamte schiffbare Donau zwischen Donauwörth und der Donaumündung mit ihren verzweigten Armen und auf die Nebenflüsse Drau, Inn, Pruth, Save, Temes und Theiß sowie diverse Kanäle ausgedehnt, womit es eine Gesamtlänge von rund 5650 km aufwies.
Bereits seit der Gründung wurde auf den Schiffen der DDSG auch Post befördert; dieser Dienst erstreckte sich zwischen 1834 und 1845 auch auf die Hochseelinien im Mittelmeer. In weiterer Folge brachte die Gesellschaft auch eigene Briefmarken heraus, die zwischen 1866 und 1879 erschienen sind und sich in Sammlerkreisen einer hohen Wertschätzung erfreuen.
Einige kleinere Schiffahrtsunternehmungen, die sich in Bayern und Ungarn etabliert hatten, wurden von der DDSG zwischen 1862 und 1877 aufgekauft, wodurch sich das Unternehmen DDSG in seinem 50.Bestandsjahr 1880 nicht nur zur dominierenden Gesellschaft auf der Donau sondern auch zur größten Binnenschiffahrtsgesellschaft der Welt entwickelt hatte.
Nach diesem glanzvollen Höhepunkt in der Geschichte der Gesellschaft folgten 7 ½ Jahrzehnte, die von größtenteils schweren Rückschlägen gekennzeichnet waren. Nach dem für die Monarchie verlorenen 1.Weltkrieg verblieben der DDSG nach den Friedensverhandlungen von St.Germain und dem verhängnisvollen Hynes-Schiedsspruch nurmehr ein Drittel ihrer Dampferflotte und etwa zwei Drittel ihrer Ladekapazität.
Die Zwischenkriegszeit brachte zwar eine gewisse Erneuerung der Flotte, die allerdings nur unter schwersten Opfern der Gesellschaft und ihrer Mitarbeiter möglich war. In der Werft Obuda wurden die während des 1.Weltkrieges angelaufenen Investitionvorhaben abgeschlossen, den Höhepunkt bildete der Bau des letzten und stärksten Zugdampfers ÖSTERREICH. In der Werft Korneuburg lief die erste Serie von vier Motorschiffen - die sogenannte Feldherren-Klasse - von Stapel. Mit der Annektion Österreichs durch das Hitler-Regime lief kriegsbedingt ein gewaltiges Investitionsprogramm - das Reichsbauprogramm - an, das durch den Bau zahlreicher Motorschiffe, Güter- und Tankkähne zwar zu einem enormen Modernisierungsschub führte, durch die Kampfhandlungen entlang der Donau ging jedoch ein Großteil dieser modernen Einheiten wieder verloren.
Von den Folgen des 2.Weltkrieges wurde das Unternehmen nochmals - und diesmal fast letal - getroffen. Nicht nur der gesamte Auslandsbesitz – darunter die Schiffswerft Obuda und das Bergwerk Fünfkirchen – gingen entschädigungslos verloren, auch die in Ostösterreich gelegenen Anlagen einschließlich der Schiffswerft Korneuburg sowie die dort verbliebenen Reste der Flotte wurden von der sowjetischen Besatzungsmacht beschlagnahmt, wodurch es bis 1955 zu einer Teilung der DDSG in eine von den Sowjets verwalteten Gesellschaft in Wien und einer in Linz situierten Rest-DDSG kam. Letztendlich gingen der DDSG 85 % ihres Gesamtvermögens durch den unseligen 2.Weltkrieg verloren. Von der Teilung Österreichs in vier Besatzungszonen war naturgemäß auch die Donau und ihre Schiffahrt betroffen. Während in der amerikanischen Zone in Oberösterreich der Güterverkehr von Linz stromaufwärts nach Regensburg bereits 1947 wieder zaghaft anlief und auch der Personenverkehr bis Passau aufgenommen werden konnte, hatte die sowjetische Besatzungsmacht alle unterhalb der Ennsmündung verbliebenen Einheiten der DDSG ebenso wie die Werft in Korneuburg beschlagnahmt und eine eigene Direktion in Wien errichtet. So kam es, dass die DDSG einerseits als österreichisches Unternehmen mit Sitz in Linz und andererseits als russisches mit der Bezeichnung „Verwaltung der 1.DDSG“ in Wien den Schiffsverkehr zwischen Linz und Regensburg bzw. von der Ennsmündung donauabwärts betrieb. Erst durch den Abschluß des Staatsvertrages im Jahre 1955 erhielt die DDSG das von den Russen beschlagnahmte ostösterreichische Vermögen gegen Entrichtung einer hohen Ablösesumme wieder zurück und es konnte sowohl der Personen- als auch der Güterverkehr zunächst bis nach Wien und in weiterer Folge schrittweise in die östlichen Donauländer aufgenommen werden. Mit tatkräftiger Unterstützung des Bundes, der damals im Gegensatz zu den Achtzigerjahren die wichtige Funktion der DDSG beim Wiederaufbau Österreichs erkannte und auch positiv bewertete, konnte eine insgesamt sehr erfreuliche Neuentwicklung eingeleitet werden, die schließlich gegen Ende der Siebzigjahre im 150. Bestandsjahr des Unternehmens ihren leider letzten Höhepunkt gefunden hat.
Die politischen Verhältnisse in Österreich brachten es leider mit sich, dass die Bundesregierung als Eigentümervertreter insbesonders im verstaatlichten Sektor immer strengere Maßstäbe anlegte und sich aus budgetären Gründen in den Achtzigerjahren weitestgehend aus diesem Bereich zurückzuziehen begann. Trotz gewaltiger Leistungssteigerungen der DDSG bei ständig sinkendem Personalstand gelang es der Geschäftsleitung des Unternehmens in diesen Jahren der immer stärker um sich greifenden Privatisierungseuphorie nicht, die Repräsentanten der Republik davon zu überzeugen, gerade im Hinblick auf die zu erwartende Eröffnung des Rhein-Main-Donau-Kanals und den sich schon damals abzeichnenden Aufschwung der Binnenschiffahrt den Weiterbestand des Unternehmens durch die öffentliche Hand abzusichern. Es folgten mehrere sehr kostenintensive Überprüfungen der Gesellschaft durch diverse Beratungsfirmen, deren Empfehlungen letztlich im Arbeitsprogramm der 1990 neu gewählten Bundesregierung ihren Niederschlag in der klar formulierten Absicht gefunden haben, das Unternehmen in zwei operative Gesellschaften mbH zu teilen und diese zu privatisieren.
Damit war das Schicksal der DDSG endgültig besiegelt!
Die DDSG selbst blieb zwar zunächst als Holding bestehen, jedoch nur um Käufer für ihre beiden Tochtergesellschaften zu finden. So wurde die DDSG-Cargo-GmbH 1993 an den deutschen Stinnes-Konzern veräußert, der sie allerdings schon vier Jahre danach an ein bayerisches Speditionsunternehmen weiterverkaufte. In der Zwischenzeit ist die DDSG-Cargo nach einem mehrmaligen Besitzerwechsel bei einem ukrainischen Millionär gelandet. Bei der Personenschiffahrt – der DDSG-Donaureisen-GmbH – verliefen die Verkaufsverhandlungen mit diversen Interessenten bedauerlicherweise erfolglos, weshalb sich die Holding zur Liquidierung der Tochtergesellschaft entschließen musste, was die Veräußerung sämtlicher Personenschiffe an verschiedene Kaufwerber zur Folge hatte. Den größten Teil der moderneren, nämlich die ab 1975 erbauten Fahrgastschiffe, erwarb im Jahre 1995 der Wiener Hafen gemeinsam mit dem Österreichischen Verkehrsbüro, woraus die noch bestehende DDSG-Blue Danube-GmbH hervorgegangen ist. Alle Fahrgastschiffe – auch die 1995 als nicht mehr einsatzfähig bezeichneten Einheiten – stehen nach verschiedenen Adaptierungen heute noch immer in Verwendung.
Es ist heute sicherlich müßig, Überlegungen anzustellen, was wäre gewesen, wenn ...
Faktum ist jedenfalls, dass sich die Schiffahrt auf der Donau nach der Eröffnung des Rhein-Main-Donau-Kanals im Jahre 1992 insbesonders im touristischen Bereich ungemein stürmisch entwickelt hat und das Verkehrsaufkommen seither sowohl in der Güterschiffahrt als auch auf dem Fahrgastsektor eine ständig steigende Tendenz aufweist.
Daraus ist aus heutiger Sicht unschwer zu erkennen, dass die Zerschlagung der DDSG mit all ihren kostspieligen Folgen nicht gerade zum günstigsten Zeitpunkt eingeleitet worden ist.
Der Schlusspunkt in diesem für das Unternehmen und seine Mitarbeiter dramatischen Geschehen wurde mit Ende des Jahres 2003 gesetzt, als auch die DDSG-Holding aus dem Firmenbuch gelöscht wurde und die Erste Donau-Dampfschiffahrts-Gesellschaft damit am Vorabend ihres 175-jährigen Firmenjubiläums endgültig zu bestehen aufgehört hat.
Wien, im Mai 2011
Franz DOSCH
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