MARINEGEDENKTAG 2012

Venedig, Triest, Fiume & Pola – Zentren der k.(u.)k. (Kriegs)Marine in der Adria

Sehr geehrter Herr , hohe Geistlichkeit, geschätzte Vertreter der Politik, der hohen Generalität, Sehr geehrte Damen und Herren

Als Teil des Mittelmeeres trennt die Adria oder vielmehr das Adriatische Meer - rein geographisch gesehen - die apenninische von der Balkanhalbinsel. Dessen nördliches Ende formen die Golfe von Venedig und Triest bzw. in weiterer Folge - nach der Halbinsel Istrien – der Golf von Fiume. Neben diesen angesprochenen Buchten bzw. gleichnamigen Städten bildete das an der Südwestküste von Istrien gelegene Pola einst den Hauptkriegshafen der k.u.k. Kriegsmarine, wobei weitere kleinere in Spalato bzw. Cattaro zu finden waren. Es ist tatsächlich schon sehr viel Wasser die hinter mir bzw. neben uns liegende Donau hinabgeflossen, seitdem die Kriegsflagge der k.u.k. Kriegsmarine ein letztes Mal gehisst bzw. im November 1918 einen letztes Mal eben in jenem Kriegshafen Pola auf einem Schiff Seiner Majestät eingeholt wurde. Aber vielleicht gerade deswegen lohnt sich ein kurzer Blick zurück – gerade in jene Zeit als Triest, Pola, Fiume und Venedig eben diese stolze Flotte der k.k. bzw. k.u.k. Kriegsmarine in ihren Häfen beherbergten und Österreich-Ungarn ohne Zögern in einer Reihe mit den großen Seefahrernationen England, Frankreich und Holland genannt werden konnte/ musste. Viele Bücher und ihre Erzählungen erinnern uns noch heute an diese Epoche. Auch die jeweiligen Reiseführer, die sich mit den Küstenstädten der Adria beschäftigen, kommen nicht umhin stets eine Reminiszenz daran vorzunehmen. Praktisch in einem jedem Museum von Istrien bis zur Bucht von Kotor findet man Erinnerungsstücke an das Leben von damals und zahlreiche historische Bauten zeugen noch heute von diesem einst durchaus glänzenden Zeitabschnitt – wohlgemerkt meist in neuer/ anderer „Funktion“. Den wichtigsten Seehafen bildete für das Habsburgerreich praktisch über Jahrhunderte die Stadt Triest. Die Kommune hatte sich bereits Ende des 14. Jahrhunderts unter die Schirmherrschaft der Habsburger gestellt, war aber erst auf Anraten des berühmten Feldherren und stets vorausblickenden Strategen Prinzen Eugen unter Kaiser Karl VI neben Fiume (dem heutigen Rijeka) maßgeblich zur Hafenstadt ausgebaut worden.

Dies primär, um den gerade in Aufbau befindlichen kaiserlich-königlichen Seehandel nachhaltig zu schützen. Die Handelsschifffahrt sollte auch für die nachfolgenden Jahrhunderte gerade für Triest bestimmend bleiben, wofür bis heute –stellvertretend - der Lloydpalasti auf der Piazza Unita steht. Eine weitere, wenn nicht sogar die Sehenswürdigkeit der Stadt verbindet sie mit dem wohl wichtigsten Förderer der österreichischen Kriegsmarine, der sich hier ab dem Jahr 1856 mit dem Schloss Miramare nicht nur seinen Wohnsitz, sondern sich selbst regelrecht ein Denkmal in Form dieses Märchenpalastes setzte, Erzherzog Ferdinand Max (1832-1867), der spätere Kaiser von Mexiko, damals bereits - weit vorausblickender - Marinekommandant (1854-1864). Bei all‘ der hier „verbauten“ Romantik dürfen wir aber keinesfalls vergessen, dass sich ganz in der Nähe, auf dem heutigen Werftgelände der Gesellschaft Fincantieriii, dem vormaligen Lloydarsenal, aber auch jene Schiffsbauplätze/ Helgen des Stabilimento Tecnico Triestino befanden, wo die Schlachtschiffe Seiner Majestät VIRIBUS UNITIS, TEGETTHOFF und PRINZ EUGEN auf Kiel gelegt, 1911 bzw. 1912 vom Stapel gelassen wurden - die zu Beginn des Ersten Weltkrieges den ganzen Stolz der k.u.k. Kriegsmarine bildeten.

Ihr Schwesternschiff, die im Februar 1918 bei der Meeresenge von Otranto versenkte (SMS) SZENT ISTVAN wurde hingegen – sozusagen paritätisch - in der für die ungarische Reichshälfte so wichtigen Danubius Werft in Fiume, dem heutigen kroatischen Rijeka, fertiggestellt. Auch dieser Hafenstadt galt über Jahrhunderte das besondere Interesse der Habsburger. Im 15. Jahrhundert käuflich erworben, wurde sie in direkter Konkurrenz zu Venedig stetig ausgebaut und nachhaltig gefördert (u.a. 1719 neben Triest zum Freihafen erklärtiii). Als Haupthafen primär für ungarische Produkte bildete Fiume im 19. Jahrhundert letztlich sogar den achtgrößten Hafen Europasiv, wo mehr als zwanzig große Betriebe (u.a. Tabak- und Papierfabrik, Banken etc.) und zahlreiche Schiffswerften für die Handels- und Kriegsmarine angesiedelt waren. In Fiume befand sich einst auch die „Wiege“ der von den Ingenieuren Luppis und Whitehead entwickelten ersten propellerbetriebenen Torpedos, deren Fabriksanlagen zum Teil bis heute noch Bestand haben. Die maritime Vergangenheit der Stadt wird aber primär durch Objekte im lokalen Marinemuseum, welches einst den Gouverneurspalast beherbergte, dokumentiert. Auch das heutige Krankenhaus zeugt von der Vergangenheit, war es doch ursprünglich (1866) als Marineakademie gegründet worden, die bis zum Ersten Weltkrieg jene Ausbildungsstätte bildete, wo sämtliche angehenden Marineoffiziere der k.(u.)k. Kriegsmarine ihr Handwerk erlernten. Für die Handelsschifffahrt im Allgemeinen und für die Handelshäfen an der Adria im Besonderen war sicherlich die am 13. März 1850 durch Kaiser Franz Joseph I. (1830-1916) erfolgte Grundsteinlegung des Wiener Südbahnhofs von essentieller Bedeutung. In Folge der von Carl Ritter von Ghega (1802-1860) im Jahre 1854 vollendeten Semmeringbahn gelang es im Sommer 1857 der k.k. südlichen Staatsbahn auch letztlich die Anbindung Triests an das Hauptverkehrsschienennetz des Habsburger Reiches zu erreichen. Dies war umso wichtiger, da der praktisch zeitgleich durchgeführte und schließlich 1867 beendete Ausbau der Brennerstrecke faktisch bereits einem nicht mehr österreichischen Venedig - merkantilisch – zu Gute kam.

Die Habsburger waren erst im Jänner 1798 in den Besitz der Dogenstadt gekommen und hatten die Reste der einst so stolzen venezianischen Marine übernommen. Über ein halbes Jahrhundert - mit kleineren „Unterbrechungen“ - war die Lagunenstadt Österreich zugehörig - eine Zeit in der umfangreiche Investitionen und infrastrukturelle Verbesserungen getätigt wurden, so dass aus dem damals nahezu noch mittelalterlich anmutenden Venedig, sich letztlich eine modernen Stadt des 19. Jahrhunderts entwickeln konnte. Viele historischen Relikteix aus dieser Zeit befinden sich heute im Museo Storico Navale am Campo Angelo Emo, vor dessen Eingang auch die Anker der ehemaligen Schlachtschiffe (SMS) VIRIBUS UNITIS und (SMS) TEGETTHOFF ruhen. Die enge Verbundenheit mit Venedig, die bis heute Bestand hat und nach wie vor sehr lebendig istxi, konnte aber auch nicht durch den jähen Verlust infolge des unglücklichen Kriegsverlaufs des Jahres 1866 gebrochen werden.

Allein die k.(u.)k. Kriegsmarine musste sich damals umgehend um einen neuen Heimathafen umsehen, der schließlich in Pola, dem heute kroatischen Pula, gefunden wurde. Zählte dieser kleine istrische Fischerort zu Anfang des 19. Jahrhunderts nur knapp an die 600 Einwohnerxii, so wurde er als Hauptkriegshafen ab 1850 stetig ausgebaut, Sümpfe trockengelegt, Wasserleitungen und Kanalisation neu verlegt, zahlreiche Straßen und Plätze gepflastert, rundum viel Neues geschaffen.

Und so findet sich denn auch heute noch eine Vielzahl historischer Gebäude in der Stadt, die an die rot-weiß-rote „Flottenherrlichkeit“ von damals erinnern, so etwa das ehemalige Marinekasinoxiii, die vormalige Marinekaserne „Franz Joseph“, die Hafenadmiralität, das Marinetechnische Komitee, das Marinekrankenhaus u.v.m.. Der lokale Marinefriedhof zählt jedoch sicherlich zu den bedeutendsten Hinterlassenschaften der k.u.k. Zeit und bildet nicht zuletzt insbesondere dank der Umsicht der Traditions- und Kameradschaftsverbände sowie des Schwarzen Kreuzes heute eine der – wenn man so will - schönsten militärischen Friedhofsanlagen der Welt. Gerade in einem Staat, welcher schon lange nicht mehr an die offene See grenzt, gilt es die maritimen Interessen zu pflegen und an der historischen Vergangenheit festzuhalten, diese aber keineswegs zu verklären, sondern vielmehr als Tradition lebendig zu erhalten und diese allenfalls auch selbst hinreichenden Änderungen zu unterziehen. Die letzte Kriegsflagge der k.u.k. Kriegsmarine ist - wie anfangs erwähnt - längst eingeholt und hoffentlich gut in den Museen – wie dem unseren - verwahrt. Wenn wir daher heute hier bei der Reichsbrücke Reproduktionen dieser Flagge gehisst sehen, dann wollen wir sie denn auch nicht - wie ursprünglich - als „Kriegsflagge“ sondern vielmehr als ein „Symbol für eine Völkerverständigung“ verstanden wissen, unter der sich einst mehrere Nationen, Völker und Kulturen vor allem aber auch eine Vielzahl unterschiedlicher Religionsgemeinschaften wiederfand. Ganz im Sinne dieses seinerzeitigen „Viribus Unitis“ wünsche ich dem Österreichischen Marineverband, seinen Mitgliedern vor allem aber auch seinem Präsidenten weiterhin viel Soldaten- und Seemannsglück bei seinem Engagement für dieses wichtige Zusammengehörigkeitsgefühl, weit über regionale oder nationale Grenzen hinweg.

Mag Dr Christoph Hatschek