Unter den Seeleuten stellten die Heizer auf Dampfschiffen jene Kategorie dar, die unter unmenschlichen Bedingungen ihren Dienst versahen. Daher ist es kaum verwunderlich, dass es anfangs Februar 1902 in Triest zu einer Auseinandersetzung kam, die mit einem Generalstreik und 14 Toten sowie über 50 Verletzten enden sollte.
Zunächst wurde dem Präsidenten der Schifffahrtslinie Österreicher Lloyd von einer Heizerabordnung ein Memorandum mit drei Forderungen überreicht.
1.) Abschaffung des zweistündigen Corveedienstes ( Dienst in See nach der Wache).
2.) Reduzierung der Arbeitszeit im Hafen um 2 ½ Stunden, d.h. von 10 ½ Stunden auf 8 Stunden täglich.
3.) Abschaffung der Vorschrift, dass bei den im Hafen liegenden Schiffen die Hälfte der Mannschaft an Bord zu verbleiben habe.
Seitens der Lloyd –Direktion wurde erklärt, dass nur beim ersten Punkt Zugeständnisse möglich seien und die anderen Punkte nicht vom Lloyd sondern von der Seebehörde vorgeschrieben seien. Da die Heizer der in Triest einlaufenden Lloyddampfer sofort mit den schon streikend en Kameraden gemeinsame Sache machten, erhöhte sich die Zahl der Arbeitsniederleger auf über 250 Personen. Um den gesetzlich vorgeschriebenen Postdienst durch Dampfer aufrecht erhalten zu können, war die Lloydverwaltung gezwungen Heizer von der Kriegsmarine anzufordern und es wurde auch überlegt aus Constantinopel telegraphisch türkische oder arabische Heizer aufzunehmen. Diese Maßnahmen führten natürlich zu einer weiteren Verbitterung der Streikenden. Seitens des Reichs-Kriegsministerium, Marinesektion wurden nun vom Matrosen-Corps-Kommando Pola und Matrosen - Detachement Triest 30 Mann bereitgestellt die sofort auf die in See gehenden Schiffe als Heizer aufgeteilt wurden.
Der Streik der Lloydheizer dauerte unvermindert an , und nahm durch die Arbeitsniederlegung der Kohlenleute des Lloyds an Heftigkeit zu. Die Direktion des Lloyd verwies die Heizer-Deputation direkt an die Seebehörde, um über die Forderungen zu diskutieren. Aber es konnte kein Einvernehmen hergestellt werden. Wie es aus einem Bericht des Seebezirkskommando Triest an das k.u.k. Reichs-Kriegsministerium, Marinesektion vom 14. Februar 1902 hervorgeht kam es am 14. Februar zum Generalstreik. Kontreadmiral Kneissler berichtet:“ ...Heute vormittags sich auch noch alle Arbeiter des Lloyd’s, dann die Arbeiter im Freihafen, die Bediensteten im Etablissement von San Rocco, weiters alle Arbeiter der größeren privaten Industrieunternehmen, das ganze Personal der Gasanstalt, der Triestiner Tramway und der elektrischen Zentrale dem Generalstreik angeschlossen haben. Vorläufig erfolgte die Arbeitsniederlegung überall in größter Ordnung.....“
Immerhin befanden sich an die 10.000 Menschen auf der Straße ! So kam es doch noch am 14. zu blutigen und heftigen Zusammenstössen zwischen dem Militär und den Streikenden. Schon am Morgen des 14. erging vom Militär-Stationskommando der Befehl alle wichtigen Punkte der Stadt militärisch zu besetzen. In aller Eile wurden Verstärkungen aus Görz und Laibach herangeführt, um die Sicherheit zu gewährleisten sowie die öffentlichen Einrichtungen zu schützen.
Mittlerweilen begannen die Streikenden an verschiedenen Stellen der Stadt mit Plünderungen, Demolierungen und Demonstrationsumzügen. So kam es auf der Piazza grande zwischen einer Infanterie-Kompanie und den anstürmenden Arbeitern, die die Soldaten mit Steinen angriffen, zu einer gewaltsamen Räumung des Platzes durch Gewehrfeuer in dem 14 Tote fielen und über 50 Verwundete zu verzeichnen waren.
Bezüglich der eigentlichen Streikursache war beschlossen worden die ganze Angelegenheit einem Schiedsgericht unter dem Vorsitz des Triestiner Bürgermeisters zu übergeben. Die Entscheidung des unparteiischen Schiedsgerichtes fiel zu Gunsten der Heizer aus. Sie lautete:
I.)Im Falle unbedingter Notwendigkeit hat über die festgesetzte Arbeitszeit hinaus, seitens der Heizer geleistete Arbeit vom Lloyd durch Extrabezahlung vergütet zu werden.
II.) Die Lloydgesellschaft wird verhalten die Arbeitszeit der Heizer während des Aufenthaltes in den Häfen mit 10 Stunden und zwar von 7 Uhr früh, bis 5 Uhr abends einschließlich einer halbstündigen Frühstückspause und einer anderthalbstündigen Mittagspause, während der Fahrt, aber mit 8 Stunden festzusetzen und einzuhalten.
III.) Gleichzeitig wird die Regierung eingeladen die Seemannsordnung unverzüglich in dem Sinne abzuändern, dass die Pflicht der Nachtwache für die Bemannung in Triest nur auf das unbedingt Notwendigste zu beschränken sei, dass insbesondere die Heizer von der Anwesenheit zur Nachtzeit an Bord in Triest u.zw. mit Rücksicht auf ihren besonders ermüdenden Dienst befreit werden.
Dieser Bescheid des Schiedsgerichtes, dem sich der Lloyd sofort unterwarf, gelangte mit Blitzesschnelle zur Verbreitung in der ganzen Stadt und seine beruhigenden Folgen auf die Streikenden konnte beobachtet werden. Die Sachlage änderte sich mit einem Schlage und nach 14 Tagen fanden sich die in den Ausstand getretenen Heizer pünktlich am 17. wieder bei der Gesellschaft ein.
Die politische Behörde hielt das Standrecht in Triest aus Sicherheitsgründen noch einige Tage aufrecht. Die von der Kriegsmarine verliehenen Heizer konnten wieder zu ihren Standorten einrücken.
Zum Gedenken an die Gefallen und das Massaker des 14. Februar 1902 wurde auf dem Triestiner St.Anna Friedhof ein Gedenkstein errichtet.
Prof Dieter Winkler