Die über Südost-Asien hereinbrechende Tsunami-Katastrophe vom 26 12 04 überraschte in ihrer Ausdehnung und Intensität nicht nur die beklagenswerten Opfer vor Ort, sondern auch das gesamte System der internationalen Katastrophenhilfe.
Die intensiven Zerstörungen entlang einer Küstenlinie von mehreren tausend Kilometern (u.a. sogar noch an der afrikanischen Gegenküste) erschwerten Schadensbeurteilungen und die Abschätzung von Opferzahlen. Satellitenaufnahmen, die das ganze Ausmaß des Geschehens erkennen ließen, waren leider erst Tage nach dem Ereignis verfügbar. Weshalb dies so war, wird noch Gegenstand zahlreicher Untersuchungen sein müssen. Somit ergab sich ein Lagebild erst nach Luftaufklärung sowie durch das Wirksamwerden der nationalen Behörden in den Schadensgebieten.
Der kurzfristig nach der Katastrophe alarmierte Stab der ABC-Abwehrschule wartete dringend auf nähere Informationen als Grundlage der Planung für allfällige Einsatzvarianten. Klar war jedenfalls bereits nach den ersten Berichten, dass Rettungs- und Bergeinsätze kein Thema mehr darstellen würden. Zu beurteilen waren vielmehr TWA-Einsätze und der Einsatz von Sanitätskräften in einer AFDRU-Struktur. Während am 27 12 04 durch den Aufstellungsstab AFDRU eine Machbarkeitsstudie ausgearbeitet wurde, begann am 28 12 04 die Konkretplanung bzgl. des Einsatzraumes, wobei dieser nach internationalen Hilfeersuchen mit Sri Lanka angenommen wurde.
In den Nachmittagsstunden des 28 12 04 erhielt der ABC-Abwehchef den Auftrag, mit einem Team von 5 San- und Katastrophenhilfeexperten die Vertretungen des BMaA in Thailand (Bangkok, Phuket) zu unterstützen. Die Fortsetzung des Planungsauftrages Sri Lanka übernahm der Leiter Aufstellungsstab und stellvertretende Schulkommandant, Oberst Konicek. Der Auftrag des Austrian Rescue Team 1 (ART 1) in Thailand bestand in der Herstellung leistungsfähiger Datenverbindungen, der inhaltlichen und organisatorischen Unterstützung der Stabsarbeit an der Botschaft und im Konsulat Phuket sowie in der Überprüfung von Krankenhäusern in den Räumen Bangkok und Phuket zur Ausforschung und Unterstützung dorthin verbrachter Österreicher. Hauptziel war es, so rasch als möglich im Zusammenwirken mit dem Krisenstab in Österreich Klarheit über die Schicksale vermisster Österreicher zu schaffen. Der Identitätsnachweis bei Verstorbenen wurde durch ein DVI- Team (Disaster Victim Identification) des BMI in Ergänzung anderer thailändischer und internationaler Forensik-Teams vorgenommen. Die rasche Verfügbarkeit konkreter Informationen sollte auch dazu dienen, Angehörigen Nachforschungen auf eigene Faust im Katastrophengebiet zu ersparen, da derartige Bemühungen auf Grund der Umstände aussichtslos erschienen und eher die professionellen Helfer behindert hätten.
Während der Einsatz in Thailand nach üblichen Anfangsschwierigkeiten sehr professionell ablief, verlegte AFDRU mit 4 TWA- Teams und 77 Personen Gesamtstärke am 04 01 und 06 01 05 nach Sri Lanka. Ca. 96 Stunden nach Auftragserteilung konnte mit der Trinkwasserabgabe an die Not leidende Bevölkerung begonnen werden. Nach 4 Wochen erfolgte eine teilweise Personalrotation und Reduzierung der TWA-Anlagen auf 2 Teams. Der Einsatz wurde mit 16 02 05 äußerst erfolgreich beendet. Nach wie vor unterstützen Ressortangehörige des BMLV das BMaA in Bangkok und Phuket mit so genannten Administration Assistance Teams (AAT), die bei der Rückführung identifizierte Toter und der Vorbereitung von Trauerfeierlichkeiten behilflich sind.
Eine vorläufige Beurteilung beider Einsätze aus der Sicht des ABC-Abwehrchefs lässt klar erkennen, dass die personellen und materiellen Ressourcen des ÖBH zur Hilfeleistung bei Katastrophen außergewöhnlichen Umfanges hinsichtlich Qualität und Nachhaltigkeit unverzichtbar sind. Ob es nun um die Herstellung von Kommunikationslinien, Stabsarbeit, logistische Operationen, oder den Einsatz technischer Hilfskräfte geht, so ist das Bundesheer am ehesten in der Lage, rasch, aber auch über längere Zeiträume helfend tätig zu werden. Eine besondere Bestätigung erkenne ich in der Qualität der durch die MBA-Absolventen geleisteten Aufgabenerfüllung. Diese werden als wissenschaftlich geschulte Profis nahezu allen Herausforderungen im Planungsbereich wie auch im Einsatzraum gerecht. Wenn es daher einer Rechtfertigung für die Fortsetzung dieses Ausbildungsprogramms bedürfte, so wurde diese zweifellos anlässlich des österreichischen Beitrages zur Bewältigung der Tsunami-Katastrophe erbracht.
Bgdr Norbert FÜRSTENHOFER
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DABSCH- Kaserne | ||
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Nationalität: | Österreich | |
Geboren am: | 16. August 1945 in WIEN | |
Familienstand: | Verheiratet seit 29 10 66 mit Elisabeth, Sohn Eugen, geb. 29 08 73 |
seit April 2003 | ABC-Abwehrchef des österreichischen Bundesheeres | |
seit 1990 | Kommandant der Austrian Forces Disaster Relief Unit (AFDRU) | |
seit 1988 | Kommandant der ABC-Abwehrschule in WIEN (seit 2002 in KORNEUBURG) | |
1988 | Kommandant des Erdbeben- Hilfseinsatzes in ARMENIEN | |
1984 - 1988 | ABC-Abwehroffizier im Armeekommando. In dieser Funktion verantwortlich für den Assistenzeinsatz nach der Katastrophe von Tschernobyl | |
1978 - 1984 | Referent im Armeekommando; verantwortlich für Bau- und Liegenschaftsangelegenheiten der Armee | |
1976 - 1977 | Kommandant der 2. Kompanie/AUSBATT in Syrien | |
1975 - 1976 | Teilnahme am 8. Generalstabskurs | |
1970 - 1975 | Ausbildungs- und Kommandantenfunktionen an der “Luftschutztruppenschule” (nun ABC-Abwehrschule) | |
1969 - 1970 | Truppenverwendung als Zugskommandant beim Versorgungsregiment 3 in Salzburg | |
1969 | Ausmusterung zum Offizier des Luftschutztruppe |
1966 - 1969 | Offiziersausbildung an der Theresianischen Militärakademie in Wiener Neustadt | |
1965 - 1966 | Einrückung zur 2. EF-Kompanie der Jägerschule in Glasenbach | |
1954 - 1964 | Realgymnasium und Matura in Wien |
Mitglied der Wissenschaftskommission des BMLV
Mitglied des wissenschaftlich-technischen Beirates der Austrian Research Centers Seibersdorf (ARCS)
Mitarbeit in Ö-Normen-Ausschüssen
Bundessenior des „Akademischen Bundes Katholisch Österreichischre Landsmannschaften“ (KÖL)
KORNEUBURG, im Juli 2005