Eine Reise auf den Kanälen Russlands
Die maritimen Aspekte

Flußkreuzfahrten auch auf den Flüssen und Kanälen Russlands erfreuen sich immer größerer Beliebtheit. So war im Juli 2011 auch der Verfasser dieses Berichtes zu einer solchen Fahrt aufgebrochen, die ihn von Moskau nach Sankt Petersburg führen und die Möglichkeiten bieten sollte interessante Aspekte in Bezug auf die Schiffahrt aufzuspüren. Natürlich bietet eine solche Fahrt entlang der ganzen Route zahlreiche Sehenswürdigkeiten, vor allem teils nachhaltig renovierte und in neuem Glanz erstrahlende ehrwürdige Klosteranlagen, Kirchen und Paläste und beachtliche Einblicke in die Landschaft des nördlicheren europäischen Teiles von Russland. Einblicke in die tatsächlichen Lebensverhältnisse des russischen „Normalbürgers“ in Stadt und Land darf man sich allerdings nur sehr wenig erwarten. Aber auf all dem lag diesmal nicht das Hauptaugenmerk.

Nach der Anreise ging es vom Flughafen im Bus über die zusehends vom Verkehr überlastete Ringautobahn um das Innere Moskaus herum zu der hier aufgestauten Moskwa in den 1937 zugleich mit dem Moskwa-Kanal fertiggestellten „Nord-Passagierhafen“. Dieser unter großen Anstrengungen erbaute 121 km lange Kanal verbindet Moskau mit der Wolga und dabei mit dem strategisch und wirtschaftlich für Russland höchst bedeutenden System untereinander verbundener Flussläufe, Kanäle und großer Seen, das Transporte auf dem Wasserwege zwischen dem Schwarzen Meer, Asowschen Meer sowie dem Kaspischen See im Süden und der Ostsee und dem Weißen Meer im Norden des Landes ermöglicht. Hier erfolgen die Transporte von Massengütern und Erdöl nach wie vor durch eine umfangreiche Flotte von Binnenschiffen, die meist als Einheitstyp in Großserie gebaut wurden und auch heute nur die Bezeichnung der Reederei und eine Nummer aufweisen. Auf diesem Wege gelangt derzeit noch der Großteil des aus den Erdölfeldern im Umfeld des Kaukasus gepumpten Erdöls nach dem großen Ölhafen an der Nordostküste des Finnischen Meerbusens zwischen Sankt Petersburg und Wyborg. Die Steuerung des umfangreichen Schleusensystems und des gesamten Schiffsverkehrs auf diesem ausgedehnten Netz von Binnenwasserwegen erfolgt über einige wenige Steuerungszentralen, wodurch eine programmgemäße Abwicklung der Fahrten der zahlreichen Kreuzfahrtschiffe ermöglicht und Behinderungen und störende Wartezeiten an den Schleusen weitestgehend vermieden werden.

Im „Nord-Passagierhafen“ mit seinem aus stalinistischer Zeit stammenden groß dimensionierten aber in die Jahre gekommenen Abfertigungsgebäude in Form eines Flußdampfers der 1930er Jahre wartet dann (neben anderen Kreuzfahrtschiffen) die „Igor Strawinski“ auf ihre rund 200 Passagiere. Sie wird ja nach einer erst jüngst vorgenommenen umfassenden Renovierung als einziges (?) „Viersterneschiff“ auf dieser Route angepriesen und sie erweist sich als ansprechendes Schiff des in den 1980er Jahren in einer umfangreichen Serie gebauten großen sowjetischen Einheitstyps von rund 3800 ts bei 129,5 m Länge, 16,3 m Breite und 2,9 m Tiefgang. Das Schiff wurde 1983/85 in Rosslau an der Elbe (DDR) gebaut und zuletzt 2010 umfangreich renoviert.



Die Maschinenanlage - angeblich von einer sowjetischen Motorenfabrik geliefert – zeigt sich aber bei näherem Hinsehen als Produkt des VEB „Karl Liebknecht“ in Magdeburg und ermöglicht dem Schiff (Dreischraubenantrieb) maximal 13 Knoten. Die „Igor Strawinski“ ist in Rostov am Don beheimatet und verlegt im Mai nach Beginn der russischen Schulferien in 12 Tagen über die Wolga und die Kanäle nach Moskau, unternimmt dann vier Touren nach Sankt Petersburg und zurück und kehrt im September wieder nach Rostov zurück. Das Schiff hat eine Besatzungsstärke von 51 und zusätzlich 49 MitarbeiterInnen in der Küche und im Bordservice. Da auf Reisen mit deutschsprachigen Passagieren ausgerichtet beherrscht zumindest das gesamte Servicepersonal Deutsch in gutem bis erforderlichem Umfang, was den Aufenthalt an Bord doch für manche Gäste deutlich erleichtert. Schon hier am „Nord-Passagierhafen“ findet sich die erste maritime Attraktion. Genau gegenüber auf dem anderen Ufer befindet sich das neue Tuschino Marinemuseum. Derzeit zeigt es das am 30.September 1980 in Dienst gestellte konventionell angetriebene U-Boot B -396 der insgesamt 18 Einheiten umfassenden „Tango“-Klasse. Andere Boote der „Tango“-Klasse kann man ja auch in Samara sowie in Hamburg sehen. Aber hier in Moskau bietet sich die ganz seltene Gelegenheit mit dem Ekranoplan A-90 „Orlyonok“ eines der 1979 gebauten speziellen Flugboote der Sowjetmarine zu sehen, die mit einem Bodeneffekt wenige Meter über der Land- oder Wasserfläche fliegen und als schnelle (400 km/h) quasi amphibische Transportmittel für Sturmlandungen (150 Mann) an „feindlichen“ Küsten gedacht waren.. Die Konstruktion dieser fünf Einheiten ist einzigartig und fand nur ein Gegenstück in dem Ekranoplan „Lun“, das sechs Starter für P-270 „Moskit“ Lenkwaffen trug und von 8 Strahltriebwerken angetrieben wurde. Ausserdem befand sich zum Zeitpunkt der Reise auf der „Igor Strwainski“ eine Fregatte Nr 754 der „Krivak-I“-Klasse am Werftkai noch in der Vorbereitung für die Präsentation und wird 2012 wohl ebenfalls eingehend zu besichtigen sein.




Auf den 121 Flußkilometern des Moskwa-Wolga-Kanals bis zur Wolga selbst passiert das Schiff sechs Einkammerschleusen mit den Abmessungen von 290 m Länge und 30 m Breite sowie einer Hub- bzw Fallhöhe zwischen 6 und 11 Meter. Somit können zwei der großen Flußkreuzfahrtschiffe gleichzeitig die Schleuse benutzen und so wird gleichsam im „Doppelpack“ gefahren. Auf der ganzen Strecke folgt daher in kurzem Abstand ein zweites Kreuzfahrtschiff. Auf den folgenden 1200 km bis zum Passagierhafen in Sankt Petersburg folgen noch weitere 11 Schleusen, im allgemeinen mit Abmessungen von 264 bzw 271 m Länge und 17,2 bis 17,8 m Breite und einer Fallhöhe von 13 bis 17,2m. Besonders hervorzuheben sind die Schleusen an dem 1964 fertiggestellten Wolga-Ostsee-Kanal. Hier wurde nahe dem Ort Scheksna im Jahre 1992 zur Entlastung der vorhandenen Einrichtung eine weitere Schleuse von 310 m Länge, 21,3m Breite und einer Fallhöhe von 7,8m gebaut. Vor der Einmündung dieses vergleichsweise schmalen Kanals (der heute in manchen Abschnitten erhebliche Schäden an der Uferverbauung aufweist und zwischen Scheksna und Dewlatin in 112 m Höhe über dem Meeresspiegel verläuft) in den Onegasee befindet sich auf 37 km Kanalstrecke eine „Kaskade“ von sechs Schleusen, in denen das Schiff auf 32,6 m Seehöhe abgesenkt wird. Die imposante Abfolge dieser Schleusen wird meist zwar bei Dunkelheit bewältigt und benötigt einige Zeit, doch lohnt es sich zumindest Teile des Vorganges zu beobachten.



Die Fahrt geht dann durch den Onegasee und über den Swir in den Ladogasee (mit 9890 bzw 17900 qkm die beiden größten Binnenseen Europas). Im Verlauf des Zweiten Weltkrieges kam es auf diesen Binnengewässern zu umfangreichen maritimen Akivitäten, da ja die wichtige Binnenwasserstraße zwischen Eismeer und Ostsee über den Swir und den Onegasee führte und mündete dann in den Stalinkanal. Im September 1941 hatte das VI. finnische Armeekorps den Swir zwischen dem Hauptkraftwerk und der Einmündung in den Onegasee überschritten und im Onegasee auf der Jalgubahalbinsel Fuß gefasst. In der Folge wurde aus geborgenen sowjetischen Schiffen eine finnische Flottenabteilung mit einer Wach-, einer Transport- und einer leichten Flottille gebildet, die vor allem aus Schleppern und Motorbooten bestand. Petrosavodsk wurde zu deren Basis und in der Folge wurde dort auf dem See ein teilweise heftiger Kleinkrieg zwischen der sowjetischen Onegaflottille und den finnischen Geleitzügen und Küstenbatterien am Westufer des Sees geführt. Am 27.Juni 1944 räumten die finnischen Kräfte Petrosavodsk, nachdem man die Fahrzeuge der Flottille zerstört hatte.

Auf dem Ladogasee, ebenfalls wichtiger Teil des Wasserweges zwischen Leningrad und dem von der Sowjetarmee gehaltenen Gebiet, gelang den Sowjets im September 1941 der ungestörte Abtransport von drei Divisionen aus dem eingeschlossenen Leningrad und in der Folge konnten sie in der Folge den Nachschubverkehr nach Leningrad aufrechterhalten bzw durchsetzen. Eine auf die Basis Sortavala gestützte finnische Ladogaflottille mit mehr als 150 Motorbooten und einigen anderen Fahrzeugen wurde durch vier deutsche Küstenminensuchboote und eine der deutschen Luftwaffe unterstehende „Fährenflottille“ sowie durch vier italienische MAS-Boote (Motorschnellboote mit leichten Geschützen) unterstützt. Diese Fährenflottille umfasste insgesamt 21 sogenannte „Siebelfähren“ mit 8,8cm bzw 3,7cm Geschützen , die jedoch den sowjetischen Kanonen-, Minenräum- und Wachbooten deutlich unterlegen waren. Der deutsche Versuch einer Seeblockade Leningrads blieb erfolglos und nachdem es der Sowjetarmee Anfang 1943 gelungen war auch die Landverbindung nach Leningrad wieder zu öffnen, reduzierte sich der „Seekrieg“ auf einige kleine Aktionen. Die finnischen Fahrzeuge wurden abtransportiert und die deutschen Fähren sowie vier noch im Juli 1944 mit der Eisenbahn zugeführte deutsche Marine-Artillerie-Leichter wurden bei Abschluß des Waffenstillstandes zwischen der Sowjetunion und Finnland am 02. September 1944 an die Sowjetarmee übergeben.

Heute erinnert bei der nächtlichen Fahrt der „Igow Strawinski“ über den südlichsten Teil des Ladogasees nichts mehr an diese Ereignisse. Am Südwestende des Ladogasees geht es vor der Einfahrt in die Newa vorbei an der historisch bedeutsamen Inselfestung Schlüsselburg. Hier bei Schlüsselburg hatte die deutsche Wehrmacht im September 1941 das Südufer der Newa und ein kleines Uferstück des Ladogasees in Besitz genommen und damit Leningrad zu Lande vollständig eingeschlossen. Die einzige Verbindung zu der belagerten Stadt bot nunmehr der Wasserweg über die Schlüsselburger Bucht, den die sowjetische Ladogaflottille in den folgenden etwas mehr als zwei Jahren offen halten konnte.

Die weitere Fahrt führt in die Newa und diese entlang nach dem heutigen Sankt Petersburg . Nach einer nächtlichen Fahrt auf der Newa hat in angenehm ruhiger Fahrt unsere „Igor Strawinski“ zunächst den Vorhafen von Sankt Petersburg erreicht. Hier warten zahlreiche Flußfracht- und –tankschiffe die Freigabe der Passage durch das Stadtgebiet von Sankt Petersburg in Richtung des Finnischen Meerbusens ab und hier findet sich auch eine kleine Basis der russischen Marine, an der einige Wach- und Patrouillenboote stationiert sind. Sie machen keinen sehr „diensteifrigen“ Eindruck und sind wohl in erster Linie dazu gedacht bei dem manchmal gegebenen Andrang von Schiffen vor bzw nach der Stadtpassage auf der Newa für eine gedeihliche Einhaltung der Ordnung zu sorgen. Nach etwa zweistündiger Wartezeit im Vorhafen wird dann von der „Igor Strawinski“ der im Jahre 1970 erbaute und vor der ersten Brücke angelegte Passagierhafen von Sankt Petersburg erreicht. Allerdings erfreut die etwas sterile Architektur dieses Bereiches und des danebenliegenden Großhotels „Retschnaja“ nicht unbedingt das Auge des Betrachters, aber man erreicht in 8 bis 10 Minuten Fußmarsch leicht die Metrostation „Proletarskaja“ und hat damit direkte Verbindung ins Zentrum von Sankt Petersburg. Im Vorhafen liegen einige Patrouillenboote der russischen Marine sowie auf Warteposition zahlreiche Fracht- und Tankschiffe, sind die Newa-Brücken in Sankt Petersburg doch erst nach Mitternacht jeweils für vier Stunden geöffnet und ermöglichen so die Passage von und nach dem Finnischen Meerbusen. Es empfiehlt sich ein derartiger Besuch bei einer der Brücke zu mitternächtlicher Stunde, kann sich dort doch spontan eine Art Party oder Volksfest entwickeln und so das Zusehen an der Schiffsparade einen speziellen Unterhaltungswert mit sich bringen.

Im Zentrum von Sank Petersburg finden sich das Gebäude der zaristischen Admiralität und nicht weit davon entfernt auf der Vasilyevsky-Insel am Zusammenfluß von Großer und Kleiner Newa das Kriegsmarinemuseum im Gebäude der 1805 bis 1810 in klassizistischem Stil erbauten „Alten Börse“ (Birzhevaya Ploschad 4). Das Museum ist zwar noch „nach alter Art“ eingerichtet, bietet aber eine außerordentliche Fülle von Schiffsmodellen (beginnend mit Schiffen aus der „Modellkammer“ Peter des Großen bis herauf in die Gegenwart), Gemälden, Fotos, Karten und Kartenskizzen, Waffensystemen und Ausrüstungsgegenständen durch alle Epochen der zaristischen, sowjetischen und nunmehrigen russischen Marine. Zahlreiche „Gustostückerl“ und echte Raritäten sind hier versammelt und trotz des Eintrittspreises von 400 Rubel lohnt sich ein Rundgang. Allerdings finden sich nur wenige Beschriftungen in Englisch und es ist sehr hilfreich Kyrillisch zumindest lesen zu können. Darüber hinaus gibt es im Shop eine Reihe von Büchern zur Marine- und Schiffsgeschichte (allerdings in Russisch) mit zahlreichen bisher im „Westen“ noch nicht veröffentlichten Fotos, so z.B. über die Zeit des ehemaligen italienischen Schlachtschiffes „Giulio Cesare“ unter sowjetischer Flagge.

Jenseits der kleinen Newa befinden sich die „Peter-und-Pauls“-Festung sowie im nördlich davor liegenden Vorwerk das neue „Museum der Artillerie, Pionier- und Fernmeldetruppe“, das im Freigelände zahlreiche Artillerie- und Raketensysteme der Sowjetarmee aus rund acht Jahrzehnten zeigt und dem Interessenten eine wahre Fundgrube bietet. Aber so wie für das Kriegsmarinemuseum sollte man hier ausreichend Zeit veranschlagen und zumindest die kyrillischen Beschriftungen lesen können. Die „Peter-und-Pauls“-Festung selbst bietet sich insgesamt als besterhaltenes Beispiel einer „modernen“ Festungsanlage vom Beginn des 18. Jahrhunderts und im Haus des Kommandanten sollte man die informative Ausstellung zur Geschichte Petersburgs von 1703 bis 1918 nicht versäumen. Außerdem wurde in der renovierten Trubezkoj-Bastion das Gefängnis im alten Zustand zu Ende des 19.Jahrhunderts während der Untersuchungshaft gegen die führenden Anarchisten eingerichtet und vermittelt museumspädagogisch gelungen einen nachhaltigen Eindruck des Geschehens und der Stimmungen. In der großen Kathedrale im Zentrum der Festung sind es nunmehr vor allem die Grablegen der Zarenfamilie, die im Jahre 1918 von den Bolschewisten erschossen worden war und nun von den vorwiegend russischen Besuchern geradezu „belagert“ werden.



An Museumsschiffen gibt es auf der Newa und in deren Umfeld ausserdem den Eisbrecher „Krassin“, das U-Boot D-2 „Narodovolets“, das Atom-U-Boot K-3 „Leninski Komsomol“ sowie den Leichten Kreuzer „Aurora“ zu besichtigen. Das braucht zwar seine Zeit, da sich diese Einheiten weiträumig verteilt finden. So liegt der 1917 als „Svyatogor“ in Großbritannien gebaute Eisbrecher „Krassin“ nahe der Montanuniversität auf der Großen Newa (Nabevezhnaya Leitenanta Schmidta Nr 45, erreichbar von Metrostation Vasileostrovskaya; Montag und Dienstag geschlossen). Er war bis nach dem Zweiten Weltkrieg der stärkste Eisbrecher und gelangte als erstes Schiff in einer Winterfahrt an die Küste von Nowaja Semlja. Ende Mai 1928 barg die „Krassin“ im Nordmeer die Besatzung des am 25.Mai bei Spitzbergen abgestürzten Luftschiffes „Italia“ des Umberto Nobile und am 25.Juli 1928 kam die „Krassin“ dem bei Spitzbergen durch eine Eisbarriere leck geschlagenen Kreuzfahrtschiff „Monte Cervantes“ der Hamburg-Süd und deren 1500 Passagieren zu Hilfe. Während die „Krassin“ all die weiteren Jahre auch des Krieges überstand, ging die „Monte Cervantes“ am 23.Jänner 1930 nahe Ushuaia durch Grundberührung verloren. Das U-Boot D-2 war ein Schiff der ab 1927 gebauten „Dekabrist“-Klasse (erstes U-Bootbauprogramm der Sowjetmarine) und wurde 1931 in Dienst gestellt. Das Schiff diente in der Nordflotte und von 1939 bis 1956 in der Baltischen Rotbannerflotte und war noch bis 1987 für Ausbildungszwecke genutzt. Nunmehr ist es aufgebockt im Westen der Vasilyevsky-Insel (Shkipersky Protok Nr 10) an dem zum ehemaligen Galeerenhafen führenden Kanal zu besuchen und stellt ein interessantes Beispiel für ein U-Boot der Zeit zwischen den beiden Weltkriegen dar.


Das erste sowjetische Atom-U-Boot K-3 „Leninski Komsomol“ war am 09.August 1957 von Stapel gelaufen, hatte 1962 den Nordpol erreicht (was davor nur dem Atom-U-Boot „Nautilus“ der US-Navy gelungen war) und gewann schließlich eine gewisse „Berühmtheit“ durch eine Reihe von Defekten und Unfällen bis es dann 1991 außer Dienst gestellt und als Museumsschiff bereitgestellt wurde.
Eine besondere Sehenswürdigkeit stellt der 1903 in Dienst gestellte Kreuzer „Aurora“ dar, der an der Petrogradskaya naberezhnaya vor der Kadettenakademie unmittelbar an der Stelle liegt, an der die Große Newka als Seitenarm die Newa verlässt. Die „Aurora“ hatte den russisch-japanischen Krieg und die beiden Weltkriege überdauert und ist seit 1948 Museumsschiff und wohl ein Nationalheiligtum. Sie lag seit 1916 in der Werft in Sankt Petersburg, die Besatzung ging im Februar 1917 als eine der Ersten zu den Bolschewiken über und spielte in den Ereignissen am 25. Oktober 1917 (07. November 1917 nach Gregorianischem Kalender) eine bedeutende Rolle. Die lag nicht so sehr in dem „blinden“ Schuß aus einem der 15,2 cm Geschütze, der das Signal zum Sturm auf das Winterpalais gab sondern in der Verlegung aus der Werft am frühen Morgen dieses Tages zur Nikolajew-Brücke . Die Öffnung der Brücke durch regierungstreue Kräfte wurde verhindert und somit den revolutionären Kräften der Zugang von der Petrograder Seite ins Zentrum der Stadt ermöglicht. Heute kann die „Aurora“ mit Ausnahme von Freitag und Montag von 10 bis 16 Uhr besichtigt werden, durch den Unterwasserteil und im Maschinenraum werden Führungen nach Voranmeldung angeboten. Außerdem finden auf der „Aurora“ festliche Veranstaltungen, wie etwa die Angelobung der Kadetten statt, aber es gab auch „private“ Feiern. So entfachten Exzesse betrunkener Gäste einer am 25.Juni 2009 an Bord des Kreuzers von dem Milliardär Michail Prokhorov veranstalteten Party einen heftigen medialen Skandal mit nachhaltige Reaktionen. Aber die „Aurora“ stellt sich heute (mit in den 1980er Jahren erneuerten Umterwasserschiff) als richtiges „Schmuckstück“ dar.

Abschließend soll im Hinblick auf die Winterolympiade 2014 in Sotschi am Schwarzen Meer darauf hingewiesen werden, dass sich im Schwarzmeerhafen von Noworossijsk die Möglichkeit bietet das Museumsschiff „Michail Kutosow“ , einen 1952 von Stapel gelaufenen Leichten Kreuzer der „Swerdlow“-Klasse von 18.600 ts und damit das letzte noch vorhandene große Überwasserschiff der stalinistischen Nachkriegsmarine zu besichtigen. Man sieht: eine Reise zu maritimen Aspekten Russlands lohnt sich immer!

Horst Pleiner