PREDIGT von Militärbischof Mag. Christian WERNER

Festmesse - Österreichischer Marineverband
Stiftskirche KLOSTERNEUBURG - 16. September 2004

Das Apostolische Schreiben „Stella Maris – Über das Apostolat des Meeres“ beginnt mit dem einleitenden Satz:
Stella Maris, Meerstern, ist der beliebteste Beiname, mit dem die Seeleute seit jeher diejenige anriefen, deren Schutz und Beistand sie vertrauen: die Jungfrau Maria.
Jesus Christus, ihr Sohn, begleitete seine Jünger auf ihren Fischerbooten, stand ihnen in Seenot bei und beruhigte den Sturm. So begleitet auch die Kirche mit der Seefahrt verbundene Menschen, indem sie sich der besonderen geistlichen Bedürfnisse jener Personen annimmt, die sich aus verschiedenen Gründen auf See aufhalten und arbeiten; so der Papst in seinem Schreiben.

Gerne bin ich als Militärbischof diesem Auftrag nachgekommen und feiere einen Dank- und Festgottes-dienst anlässlich der 100.Wiederkehr des Gründungstages des Österreichischen Flottenverbandes an diesem wundervollen, geschichtsträchtigen Gnadenort im Stift Klosterneuburg.

Zunächst herzliche Gratulation für das Hochhalten einer langen Tradition, die Pflege seemännischer Tugenden, den wichtigen Beitrag zur Völkerverständigung vor allem in jenen benachbarten Staaten und Regionen, denen wir uns aus der gemeinsamen Geschichte heraus und in einem künftigen gemeinsamen Europa besonders verbunden fühlen

Besonderer Dank für die Arbeit in Gegenwart und Zukunft: herausheben möchte ich nur das internationale Jungendsegellager, welches im August vom Österreichi-schen Marineverband in Zusammenarbeit mit dem Kroatischen Marineverband in Split durchführt wurde und an dem Jugendliche aus allen IMC-Ländern und aus Kroatien teilnahmen.

Zu Beginn durfte ich hinweisen auf unsere gemeinsame Mutter Maria. Eine der vielen Bedeutungen ihres Namens zeigt uns ihre große Bedeutung als „Erleuchterin des Meeres“: Meerstern, ich dich grüße!

Für den antiken Menschen war das Meer das faszinierende, aber vor allem das furchterregende Element; es war gefährlich, sich auf das Meer hinaus-zuwagen. Für den Orientalen war zudem das Meer die Heimstatt der widergöttlichen Mächte; es galt ihm als die Wohnung des Bösen. Für Gott, so hörten wir aus dem Buch Hiob, ist es nichts anderes als ein kleines Kind, das man in Windeln wickelt.

Was will Gott dem Hiob damit sagen? Er will ihm zeigen, dass er, Gott, der alles über-ragende Herr ist, dass er der Schöpfer ist, der in absoluter Majestät die ganze Schöpfung in Händen hält. Und wie er die Schöpfung in Händen hält, so hält er auch das Schicksal der Menschen in seinen Händen. Auch wenn der Mensch im Leid verzagen möchte, braucht er nur auf Gott zu schauen: denn Gott kennt den Menschen – und das genügt.

Dies ist auch in der Präambel der Partnerschaftsurkunde mit der Kroatischen Seewache, datiert am National-feiertag 2003 in der Wiener Hofburg, dort heißt es:
„Das Meer und die Marine verbanden unsere Völker in der gemeinsamen Vergangenheit. Die Liebe zum und die Sorge um das Meer sollen uns aber auch in der gemeinsamen Zukunft verbinden. Denn das Meer wurde vom Herrn den Menschen als allgemeines und gemeinsames Gut gegeben, damit wir es nützen und schützen“: soweit die Präambel.

Aber noch etwas Entscheidendes sagt Gott über das Meer:
„Was verschloß das Meer mit Toren... als ich ihm ausbrach meine Grenzen, ihm Tor und Riegel setzte und sprach: bis hierher darfst du und nicht weiter, hier muß sich legen deiner Wogen Stolz?“

Das also ist, wie es am Bild des Meeres gezeigt wird, als Gesetz der Welt eingeschaffen:
nichts Geschaffenes darf sich gegen Gott erheben, aller Stolz des Geschöpflichen zerschellt letztlich an Gott.

Immer wieder hat die Menschheit ihre babylonischen Türme gebaut, von selber Herr über sein Leben und Herr der Welt zu sein.

Denken wir nur an die unzähligen Abtreibungs- und Euthanasie-Angebote. Darum gehört die temparantia, die Tugend der Zucht und des Maßes, zu den Kardinaltugenden des christlichen Lebens.

Der hl.Karl Borromäus hat in seinem Wappen das Wort „Humilitas“ geschrieben, das Wort „Demut“, und der Papst der 33 Tage, Johannes Paul I., hat es ihm nachgemacht. Irgendwie muß dieses Wort auch im Wappenbuch unseres Lebens stehen.

Noch ein kurzer Gedanke zum heutigen Evangelium: Erinnern wir uns:
Jesus setzte sich in ein Schiff und demonstrativ in das Heck des Schiffes, vergleiche: in die Apsis unseres Kirchenschiffs. Von dort lehrte er die Menschen, lehrte das Verstehen, lehrte Werte, stillt Sturm und Meer und schaffte Stille, Ruhe, Frieden. Wie ein Kapitän auf einem Schulschiff herrschte er die unverständigen Jünger an: „Warum habt ihr solche Angst? Habt ihr noch keinen Glauben“ (Mk 4,40)?

Ich denke, uns allen geht es oft nicht anders wie den Jüngern: Zweifel, wenig Vertrauen und Hoffnung, Resignation, ja Angst vor der Lebens- und Berufsbewältigung – das „Lebensschiff“ droht im Sturm „aus dem Ruder zu laufen“.

Auf der anderen Seite der schon erwähnte Hochmut: alles ist machbar, was der Mensch kann, ist erlaubt. Oft ist es heilsam für uns Menschen, in der „Fahrt ins Leben“ einen „Schuß vor den Bug“ zu bekommen, damit wir nicht Schiffbruch erleiden.

„Duc in altum – Fahrt hinaus!“
Mit diesen Worten eröffnet der Heilige Vater sein Schreiben „Novo millenio ineunte“.
Ja! Fahren wir weiter hinaus auf die See:
Schiffe schaffen Verbindungen zwischen Ländern, Kontinenten, Kulturen – weltweit, global.
Schiffe symbolisieren den Weg des Menschen als einen Übergang in eine andere Welt.

Mit dem Schiff ist Christus, sozusagen vom „jenseitigen Ufer“ aus der Ewigkeit zu uns gekommen, um uns auf „den neuen Himmel“ und auf „die neue Erde“ vorzubereiten, den Weg zum Himmel zu weisen:
Jesus Christus ist der Leuchtturm für unser Leben! Steigen wir ein in das Schiff des Lebens, wenn auch mit Furcht, aber eine besondere Furcht: es ist die Gottes-furcht. „Da ergriff sie große Furcht...“, so im Evangelium.

Wie ist das zu verstehen? Furcht lähmt doch, drückt nieder, verfinstert die Seelen. Aber nicht die Gottesfurcht, die eine Gabe des Heiligen Geistes ist.

Gottesfurcht ist Staunen über die Größe Gottes, Ehrfurcht vor seiner Heiligkeit, sie führt zur wahren Erkenntnis der eigenen Schwachheit und Begrenztheit und zu Vertrauen auf den guten und liebenden Gott. Gottesfurcht weckt den Gehorsam gegenüber den Gesetzen des Lebens, die in Gott begründet sind und das Leben schützt. Gottesfurcht ist voll Hoffnung erfüllt und führt den Weg zum Heil und damit zur Freude.

Liebe Festgemeinde! Steigen wir ein in das „Schiff des Lebens“ mit großherziger Gottesfurcht. Dann werden wir auch die Jugend begeistern können, unsere Zukunft für ein friedvolles, blühendes Europa.

Gott hat uns sein Wort gegeben: Ich will, dass alle ihren Heimathafen erreichen. Unser Ziel, das heißt Jesus Christus. Unser Kapitän nimmt sicher Kurs mit all seiner Besatzung guten Willens, indem er uns zusagt:

„Ich bin gekommen, dass ihr das Leben habt und es in Fülle habt“ (Jo 10,10).

Dies ist mein Wunsch an euch Kameraden, an uns alle, in großer Dankbarkeit für all euer Bemühen, die Tradition mit großer Hoffnung als Fundament für die Zukunft zu sehen. Eure Herzen werden jung bleiben, und junge Herzen ansprechen, wenn sie weit offen sind für Christus: denn – so mein bischöflicher Wahlspruch – Christus ist unser Friede. AMEN.