Die letzten beiden Patrouillen-Boote des österreichischen Bundesheeres, „Niederösterreich“ und „Oberst Brecht“, finden bei der Reichsbrücke an der Donau eine neue Heimat. Sie werden künftig öffentlich zugänglich sein. Rund um die Boote soll beim Schifffahrtszentrum ein Marinestützpunkt entstehen.
Im Rahmen eines Festaktes am 16. November 2006 werden die beiden im August 2006 im Bundesheer außer Betrieb gestellten Patrouillenboote „Niederösterreich“ und „Oberst Brecht“, vom Bundesministerium für Landesverteidigung an das Heeresgeschichtliche Museum übergeben. Dieses überlässt die Boote daraufhin als Dauerleihgabe dem Österreichischen Marineverband und der Marinekameradschaft Franz Ferdinand-Wien. Diese privaten österreichischen Marinevereine werden die Schiffe betreiben. Donauraum Wien wird den Booten namens der Stadt Wien einen Donau-Ankerplatz unmittelbar an der Reichsbrücke zur Verfügung stellen. Durch diese Konstruktion stehen die Schiffe künftig der Öffentlichkeit zur Besichtigung zur Verfügung. Im Rahmen der notwendigen Wartung wird es Sonderinbetriebnahmen geben. Weiters wird im Bereich des Schifffahrtszentrums ein Marinestützpunkt entstehen.
Auf diese Weise wollen das österreichische Bundesheer gemeinsam mit dem Heeresgeschichtlichen Museum, der Stadt Wien, dem Donauraum Wien und den genannten privaten Marinevereinen die öffentliche Präsentation der Boote ermöglichen und verhindern, dass diese historischen Militärgeräte in den Beständen eines privaten Sammlers verschwinden.
Aufgabe der Patrouillenboote war es bis August 2006 die Donau als internationale Wasserstraße zu sichern und darüber hinaus schifffahrtspolizeiliche Aufgaben im Rahmen von Assistenzen für die Behörden wie Schifffahrtspolizei, Exekutive und Zoll wahrzunehmen. Die Boote waren bisher bei der Pioniertruppenschule Klosterneuburg stationiert. Sie hatten eine Besatzung von 14 Mann (1 Offizier, 6 Unteroffiziere und 7 Grundwehrdiener).
Der Österreichische Marineverband ist Nachfolger des seit 1904 bestehenden österr. Flottenvereins. Er hat es sich zur Aufgabe gemacht, die Geschichte und die Tradition der österreichischen Seefahrt und k.u.k. Marine zu bewahren und an spätere Generationen weiterzugeben. Der Österreichische Marineverband ( Ö. M. V).ist Gründungsmitglied der „Internationalen Maritimen Conderation-( I. M. C.) der derzeit die Verbände der Länder A, B, D, F, I, Kro, NL, UK angehören und hat selbst ca. 950 Mitglieder in 17 regionalen österreichischen Vereinen, so genannten Marinekameradschaften. Er arbeitet eng mit dem Österreichischen Bundesheer zusammen. Alle Marinekameradschaften werden im Rahmen der Möglichkeiten in die Betreuung der Patrouillenboote eingebunden sein.
Die Marinekameradschaft Admiral Erzherzog Franz Ferdinand, Wien ist eine Sektion des Österreichischen Marineverbands. Ihre Mitglieder, größtenteils österreichische Wirtschaftstreibende, haben sich neben der grundsätzlichen Erhaltung der beiden Patrouillenboote im schwimmenden Zustand die bestmögliche Präsentation der Schiffe und die Schaffung von Besichtigungsmöglichkeiten für Interessenten zur Aufgabe gemacht. Die Marinekameradschaft ist darüber hinaus in der Ausbildung von seemännischem Nachwuchs tätig.
Die Ländenentwicklungsgesellschaft Donauraum Wien ist verantwortlich für die Erneuerung und Erweiterung des Ländenbetriebes für Personenschiffe an der Reichsbrücke, die Verbesserung des Services für mit Schiffen ankommende Touristen sowie die Entwicklung von Projekten an Wiens Uferflächen.
Sehr geehrter Herr Abgeordneter zum Nationalrat,
sehr geehrter Herr Generalmajor Segur – Cabanac
sehr geehrte Ehren- und Festgäste!
Heute werden die beiden Patrouillenboote Niederösterreich und Oberst Brecht offiziell mit der Übergabe an das Heeresgeschichtliche Museum, das es als Dauerleihgabe an die MK Admiral Erzherzog Franz Ferdinand im ÖMV übergeben wird und damit einer neuen Verwendung in der Traditionspflege, zugeführt.
Aus diesem Anlass sollten wir eine kleine Rückschau auf die Donauflottille und deren Tradition im Wandel der Geschichte halten.
1850 wurde als Bestandteil der Kriegsmarine ein Flottillencorps auf der Donau geschaffen, das dann 1865 wieder aufgelassen wurde. Nach Beendigung des Krieges 1866 wurde zur Bewachung der Donau eine neue Donauflottille aufgebaut.
Die neue Ära begann mit dem Bau der Monitore MAROS und LEITHA. Diese neuen Schiffe waren niedrige gepanzerte Dampfer mit starker Artillerie, die dem erfolgreichen nordamerikanischen MONITOR nachgebaut waren. Heimathafen war Budapest.
Vor und während des 1. Weltkriegs wurden auf den Werften in Budapest und Linz noch weitere Flusskampfschiffe gebaut, so dass schließlich 10 Monitore und 14 etwas kleinere Patrouillenboote zur Verfügung standen. Die österreichische Donauflottille wurde mit großem Erfolg auf der mittleren und unteren Donau eingesetzt und dehnte ihr Operationsgebiet bis in das Schwarze Meer aus
Nach dem 1. Weltkrieg erfolgte die Aufteilung der Flotte durch die Alliierten der Entente an die Nachfolgestaaten.
Die Republik Österreich erhielt 4 Patrouillenboote wovon 3 an Ungarn verkauft wurden. Das vierte, der BARSCH, wurde1929 gegen die SIOFOK eingetauscht, die unter dem wohlklingenden Namen des großartigen österreichischen Pionieroffiziers und technischen Genies BIRAGO zum Führungsschiff der österreichischen Donauflottille bis 1938 wurde.
In den 30 er Jahren besaß die Donauflottille, die ausschließlich vom Pionierbataillon betrieben wurde, neben dem Patrouillenboot BIRAGO noch einige kleinere Einheiten.
Nach dem 2. Weltkrieg sollte es mehr als 10 Jahre dauern bis auf der Donau von den Masten von Militärfahrzeugen wieder die rot- weiß- rote Flagge wehte.
Wir erinnern uns, dass am 20.07.1968 der 1. TRADITIONSTAG der Pioniertruppenschule feierlich begangen wurde, mit einer Feier , die am 20.Juli alljährlich an die siegreiche Schlacht bei LISSA im Jahre 1866 erinnern soll und, dass im selben Jahr die neu gegründete Patrouillenbootstaffel des ÖBH der Pionierschule in Klosterneuburg angegliedert wurde.
Das damalige Flaggschiff dieses neuen Organisationselementes war das Patrouillenboot
„ Oberst BRECHT“, das bereits 1957 in den Dienst gestellt worden war. Mit seiner Länge von etwa 12 m und seiner Bewaffnung mit dem überschweren Maschinengewehr und dem Panzerabwehrrohr 66 war es damals das größte und bestbewaffnete Boot auf der österreichischen Donau.
Am Traditionstag, 20. Juli 1969 überreichte dann eine Abordnung des Österreichischen Marineverbandes der Pioniertruppenschule eine U-Boot-Flagge der k.u.k. Kriegsmarine und besiegelte damit die partnerschaftliche Verbundenheit in der Traditionspflege im Zusammenwirken der Pioniertruppenschule und dem Österreichischen Marineverband.
An dieser Stelle danke ich der Pioniertruppenschule und ihre Kommandanten, Hrn Bgdr Franz Ankner, für die stets gute und verständnisvolle , kameradschaftliche Zusammenarbeit.
Am 20.April 1970 wurde dann unsere "Niederösterreich" in den Dienst gestellt und übernahm aufgrund seiner nautischen und militärischen Leistungsdaten die Rolle des Flaggschiffes in der Patrouillenbootstaffel. Schon am 12.Mai sollte es beim Wien-Besuch der sowjetischen Donauflottille eine "hochoffizielle" Rolle spielen. Mit der "Niederösterreich" war es nun möglich, das ganze seemännische Zeremoniell eines Flottenbesuches korrekt abzuwickeln.
Heute nun soll durch die Übergabe beider Boote als Dauerleihgabe des HGM an den Ö.M.V. ein neues Kapitel in der Geschichte des ÖMV aufgeschlagen werden. Die beiden Boote bieten uns die Möglichkeit, Erinnerung, militärische Traditionspflege und Bewahrung von maritimer Geschichte und Kultur lebendig zu gestalten.
Ich danke dem Bundesministerium für Landesverteidigung und dem HGM für das Vertrauen in unseren traditionsreichen Verband und unserem Partner, der Donauraum Wien GesmbH und der Wien Holding dafür, dass man uns diesen Liegeplatz zur Verfügung gestellt hat. Hier sollen die Boote alle Wiener und die Gäste unserer Stadt auch in Zukunft an die traditionsreiche österreichische Marinegeschichte und an die Leistungen unserer Pioniere erinnern.
Mit der Übergabe der Schlüssel an den Obmann unserer Marinekameradschaft Admiral Erzherzog Franz Ferdinand im ÖMV, Wien , Kapitän Gustav Jobstmann beglückwünsche ich Dich , lieber Kamerad und alle Kameraden zu dieser großen und verantwortungsvollen Aufgabe und wünsche Euch immer eine Handbreit Wasser unter dem Kiel!
Der Patrouillenbootstaffel danke ich für die Einweisung und das uns – auch in schwieriger Situation – entgegengebrachte kameradschaftliche Verständnis und bitte die Kameraden, uns auch in Zukunft mit Rat und Tat zur Seite zu stehen. Sie bleiben auch weiterhin Eure Boote - auch wenn sie nun anders eingesetzt sein werden.
Getreu unserem Motto VIRIBUS UNITIS- mit vereinten Kräften- wollen wir zusammen mit allen an der Schifffahrt interessierten das Beste für die Erhaltung dieses wertvollen Erbes österreichischer Marinetradition auf der Donau im Geiste des Österreichischen Bundesheeres bieten.
Karl Skrivanek, Obst dhmtD iR
Präsident ÖMV
Artikel aus der "Wiener Zeitung"