Gedenkfeier Rudolf Singule in Brünn

Am Samstag den 11. November 2006, dem tschechischen Veteranentag, der auch Staatsfeiertag der USA ist, fand auf dem Brünner Zentralfriedhof von Brünn (Ústrední hrbitov) auf Veranlassung des Brünner Stadtschützencorps (Brnenský mestský strelecký sbor BMSS) in Anwesenheit von Vertretern der tschechischen Streitkräfte, zahlreicher Traditionsverbände sowie den aus Brasilien, den USA und Deutschland angereisten Nachkommen Dr. Rudolf Mayer-Singule (Sao Paulo), Dr. Richard Kollisch-Singule (Wien-Hamburg) mit der in New York Medizin studierenden Tochter Michaela Kollisch-Singule eine Gedenkfeier für den k.u.k. U-Bootskommandanten Linienschiffsleutnant Rudolf Singule statt, bei der auch der ÖMV durch Präsident Karl Skrivanek und Wladimir Aichelburg sowie die Mitglieder der MKFF Karl Kalis und Gerald Neubauer, Wien, vertreten waren.

Der Name Rudolf Singule ist in Österreich jedem Marineinteressierten geläufig, es handelt sich um einen der erfolgreichsten Unterseebootskommandanten des Ersten Weltkrieges und einen der ganz wenigen Maria Theresien-Ritter aus den Reihen der Marineangehörigen. Geboren in Pola am 8. April 1883 als Sohn eines Brünner Fabriksbeamten, der damals als Marinekommissär wirkte, Absolvent der Marineakademie in Fiume (Rijeka), war er schon bei den ersten Indienststellungen der k.u.k. Unterseeboote mit dabei. Berühmt wurde Singule als Kommandant des k.u.k. Unterseebootes 4 durch seinen Angriff auf den englischen Kreuzer Dublin am 9.6.1915 und vor allem durch die Versenkung des italienischen Panzerkreuzers Giuseppe Garibaldi vor Ragusa (Dubrovnik) in der Morgendämmerung des 18. Juli 1915, wofür ihm in der 194. Promotion am 21.12.1929 das Ritterkreuz des Militär-Maria Theresien-Ordens verliehen wurde. Durch die Versenkung Garibaldis voll entmutigt verzichtete die italienische Kriegsmarine fortan bis zum November 1918 auf jede größere Aktion gegen die damalige österreichisch-ungarische Küste, wodurch viele weitere, immerhin mögliche Menschenverluste vermieden wurden.

Nach dem Krieg und dem Zerfall der Monarchie lebte Singule, sich als zu der deutschen Minderheit angehörig fühlend, als Beamter einer Pensionsversicherungsanstalt in Brünn; in seiner Freizeit wurde er als hervorragender Bridgespieler weit bekannt. 1939 als Korvettenkapitän der deutschen Kriegsmarine reaktiviert diente er noch in Kiel und in Italien und kommandierte für Schulzwecke noch das U-Boot UD 4 (ex holländisches O 26; 949/1372 t, 77,53 m lang, 4+41 Mann, Rotterdamsche Droogdok, Entwurf 1937, 28.1.1941 in Dienst der KM gestellt, 3.5.1945 in Kiel vernichtet).

Seine Frau Dora geb. Schneider (* 1887), mit der Rudolf Singule ab 1911 verheiratet war, verstarb in Brünn 1940, 1943 heiratete Singule in seiner zweiten Ehe Margarethe von Brausewetter. Aus der ersten Ehe stammten drei Töchter, Martha (* Pola 2.3.1913), Anna (* Pola 15.6.1914) und Elisabeth (* Brünn 28.6.1920), die 1945-1948 ihre Heimat verlassen mußten und deren Nachkommen nun zu den Feierlichkeiten nach Brünn angereist kamen.

Der inzwischen 62jährige Rudolf Singule wurde am 2. Mai 1945 bei der Verteidigung seiner Familie von anscheinend betrunkenen sowjetischen Soldaten in seiner Wohnung ermordet und am 4. Mai in einem inschriftenlos gebliebenen Grab neben seiner ersten Frau formlos bestattet (Gruppe 4, Nr. 304). Am 30.3.1983 wurden diese sterblichen Überreste anlässlich einer vorgesehenen und dann doch nicht durchgeführten Straßenverbreiterung aus dem notgedrungen aufgelassenen Grab in das Grab weiterer Verwandten einer der verheirateten Tochter Kollisch übertragen. Die anonyme Grabstätte kannten außer den Verwandten nur einige Eingeweihten.

2006 beschloss das Brünner Stadtschützencorps BMSS diesem unhaltbaren Zustand ein Ende zu bereiten und so bekam Singule jetzt eine würdige Gedenktafel, die vor der Enthüllung durch eine k.u.k. Flagge bedeckt war. Wie die Geschichte spielt: an seinem Grab standen nun auch Angehörige eines russischen Traditionsregimentes in Uniformen von 1945, die ihm zu Ehren eine Gedenksalve feuerten. Singule liegt nun in der Nähe der hervorragend restaurierten Militärabteilung am Ustredni hrbitov Brünn Gruppe 58 Eckgrab Nr. 72. Seine letzte Wohnadresse in Brünn und der Sterbeort war in der heutigen Tisnovska ulice Nr. 46 (damals Leipziger Straße).

Brnensky mestsky strelecky sbor unter dem Kommando von Vlastimil Schildberger ließ aus diesem Anlass und zu Singules Ehren Gedenkmedaillen mit Trageband in limitierter Auflage aus Silber (100 Stück) und Bronze (220 Stück) prägen: 35 mm Durchmesser, 30 und 24 Gramm; Entwurf RNDr. Ivan Kolacny, Zeichnung (Kontrolle Wladimir Aichelburg) und Gravur mit Prägung Petr Sousek. Je 10 Medaillen wurden ohne Trageband hergestellt. Anfragen unter E-Mail vschildberger@mzm.cz. Eventuelle Restbestände könnten auch in Österreich anlässlich einer der künftigen Ausrückung erworben werden.

Wladimir Aichelburg,
unter Verwendung Brünner Dokumentationen von Karla Hofmannová, Vlastimil Schildberger, ing. Radovan Slavík und Vilém Walter.

Zur Dokumentation der Tätigkeit Rudolf Singules in der k.u.k. Kriegsmarine siehe das längstvergriffene zweibändige Werk „Die Unterseeboote Österreich-Ungarns“, ADEVA Graz 1981, bzw. das in Restexemplaren möglicherweise im Buchhandel noch vorhandene „Register der k.u.k. Kriegsschiffe, Von Abbondanza bis Zrinyi“, NWV Wien 2002.

Expedition Zenta

2002 brachte „Die Flagge“ eine kurze Notiz über das Auffinden des Wracks des vor der Bocche di Cattaro (Boka Kotorska) am 16.8.1914 nach einem heldenhaften Kampf durch die anglofranzösische Übermacht versenkten k.u.k. Kreuzers Zenta. Nachdem „Die Flagge“ auch in Böhmen nicht nur gelesen, sondern auch ausgewertet wird, führte diese Notiz zu einer der beeindruckensten Tauchexpeditionen der letzten Zeit. Tschechische Historiker und technische Taucher wurden neugierig, stammten ja nicht nur die Geschütze und der Stahl, sondern auch ein guter Teil der Bemannung wie auch der Schiffskonstrukteur Ing. Kuchinka aus Böhmen, Mähren und Schlesien. Herrn Boris Gol, Zdenek Partyngl, Produzent Ing. Karel Paul, einschlägig ausgebildete Kameraleute, Filmregisseure und Computerspezialisten wurden tätig.

Am 12. Oktober 2006 strahlte nun das Tschechische Fernsehen im Hauptabendprogramm und am 13. Oktober 2006 die Wiederholung des beeindruckenden, 57 min dauernden Dokumentarfilms über das Ergebnis der Expedition. Man berichtete zusammenfassend – nach mehreren bereits veröffentlichten Berichten in den Printmedien und einer Vorschau in der TV-Sendung der CT Objektiv am 12.2.2006 - eingehend über die Versenkung durch die damals noch auch den Raum nördlich der Otrantostraße besuchende anglofranzösische Kriegsschiffe – erst die Erfolge der k.u.k. Unterseeboote haben der Entente solche Fahrten endgültig verleidet – und über die Untersuchung des in 74 Meter Tiefe liegenden schwer zerschossenen Kreuzers. Man sah die schwersten Beschädigungen an der Steuerbordseite durch die aus großer Entfernung und nun aus der Höhe kommenden und das Deck durchschlagenden schweren Granaten, die in gleiche Richtung zielenden Geschütze der Backbordseite des Kreuzers, die kaum noch vorhandene Kommandobrücke... Das Buggeschütz ist schwer beschädigt, die Maste abgebrochen, die Kamine bei einem der ersten Tauchgänge vorhanden, sollen nun fehlen, möglicherweise durch Fischernetze weggeschleppt. Die lt. Bericht der Fregattenkapitäns Paul Pachner vor dem Schiffverlassen anbefohlene Abfeuerung des Torpedos wurde anscheinend nicht durchgeführt, es war schwierig in die unteren Räume wieder zu gelangen und es fehlte auch die Zeit dazu, da das Schiff zu sinken begann.

Der Film, durch nur aus Hollywood bekannten Computeranimationen bereichert, zeigte die interessante Arbeit tschechischer, mit modernster, für große Tiefe einsetzbaren Technik ausgerüsteten Taucher und Historiker, die nun nach der Wende und der Befreiung vom kommunistischen Joch neue Horizonte entdecken. JUDr. Janostak besitzt sogar ein eigenes Tauchschiff Laboe (nach dessen Ursprung), in Zypern und in Montenegro beheimatet. Nach Tauchexpeditionen in der Ostsee, im Mittelmeer und sogar im Pazifik entdeckten sie nun durch eine kurze Notiz der „Flagge“ die gemeinsame Geschichte der k.u.k. Monarchie. Österreich selbst war ihnen nicht unbekannt: Eines ihrer wichtigsten Übungsgebiete ist der tiefe, dunkle Attersee mit seinen senkrechten Wänden.

Regiseur Petr Jancarek und zwei Kameraleute stellten in hervorragendster, für breites Publikum verständlicher Art diese tragische Begebenheit dar und zu Recht wurde der Film während des Karlsbader Filmfestivals Tourfilm 2006 mit dem Jurypreis ausgezeichnet. Der ORF wird diesen Film kaum erwerben, obwohl er etwas gekürzt in die Universumreihe gut passen würde – man darf aber die Hoffnung nie aufgeben; zum Verständnis der gemeinsamen Geschichte wäre das ein einmaliges Dokument.

Die Tschechen planen die Herausgabe von DVDs mit englischen Untertiteln, die auch käuflich zu erwerben wären. Informationen unter www.zenta.cz bzw. ähnlichen Suchbegriffen. Eigene Seiten haben auch einzelne Teilnehmer so etwa www.vaverka.net, www.laboe.cz.

Wladimir Aichelburg
Zum letzten Kampf der Zenta siehe das in Restexemplaren möglicherweise im Buchhandel noch vorhandene „Register der k.u.k. Kriegsschiffe, Von Abbondanza bis Zrinyi“, NWV Wien 2002.

Die Vorgeschichte und Einladung an Präsident Skrivanek:

Herrn Präsident Oberst dhmtD Baurat h.c. Prof.Dipl.-Ing. Karl Skrivanek

Sehr geehrter Herr Präsident!

Ich möchte Sie herzlich begrüßen als Kommandant des Brünner Bürger- und Schützenkorps in Brno, dessen Tradition bis zu dem Jahre 1798 reicht, und das nach einer Periode der Verbote im Jahre 1993 von uns erneut wurde. Die Hauptaufgabe unseres Korps ist es, sich um die militärische Geschichte als auch für das Gedenken der Kriegsopfer und der Helden zu kümmern. Aus diesem Grunde haben wir uns entschlossen, das Gedenken des Helden des 1. Weltkrieges, des Korvettenkapitäns Rudolf Singule, der in der k. und k. Kriegsmarine als Kommandant des U-Bootes U-4 diente, und für seine Heldentaten sogar mit Maria-Theresia Orden ausgezeichnet war. Dieser Mann war in Brno wohnhaft, wurde im Mai 1945 von einem sowjetischen Soldaten erschossen, und ist auf dem Zentralfriedhof in Brno begraben. Unser Korps hat sich entschlossen, eine Gedenktafel auf seinem Grab zu errichten, und anlässlich dieses Ereignisses eine Feier zu veranstalten. Diese Feier wird am 11.November um 14,00 Uhr auf dem Zentralfriedhof in Brno stattfinden, dann wird in der Kirche der Hl. Petrus und Paulus zu Petrov (Petersburg) die hl. Messe für den Verstorbenen gedient, und am Ende der Feier wird ein Treffen mit den Familienangehörigen des R. Singule mit kleiner Erfrischung veranstaltet. Am Sonntag, den 12.11. wird auch ein Schiesswettbewerb mit der Dienstpistole organisiert.
Wir heißen Sie und Ihre Freunde zu dieser Veranstaltung herzlich willkommen. Die offizielle Einladung werden Sie noch von uns erhalten. Wir wollen Sie fragen, mit wie viel Personen Sie kommen möchten, und wie viel Medaillen in Silber, evtl. in Bronze, Sie von uns verlangen würden, da wir anlässlich dieser Feier eine Medaille herausgeben werden. Ich freue mich auf Ihre Antwort, und verbleibe mit freundlichen Grüssen

Mjr.iTr. Vlastimil Schildberger, Kommandant des Brünner Bürger- und Schützenkorps

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